Gleich zwei Schülerinnen gewinnen beim Dortmunder Literaturwettbewerb
Herzlichen Glückwunsch! - Handân Eroglu und Nina Coumans sind beim 14. Dortmunder Literaturwettbewerb mit einer Veröffentlichung ihrer eingesandten Texte in einem Buch mit ausgezeichneten Texten belohnt worden. Handân Eroglu belegte im Wettbewerb der Dortmunder Schulen sogar den 2. Platz in der Kategorie „Texte Klasse 11-13“. Im Rahmen des Deutsch-GKs Stufe 11 hatten beide Schülerinnen zusammen mit anderen Mitschülern unter der Betreuung von Frau Lautenschläger zum aktuellen Thema des Literaturwettbewerbs „Endlich“ computergeschriebene Gedichte, Kurzgeschichten und Essays eingereicht.
Lesen Sie hier die Gewinnertexte:
Unendliche Ziele
,,Nein, ich möchte zwei Brötchen", erwiderte ich, während mein Vater dabei war, die gewünschten Brötchen für meine Zwillingsschwester und mich zu bestellen. ,,Ja gut", sagte er ,,aber dann kriegt Ebru auch zwei. Ich möchte euch ja nicht ungerecht behandeln", fügte er mit einem freundlichen Grinsen im Gesicht hinzu. Die Verkäuferin fragte nicht und packte alle vier Brötchen in eine Tüte. Mein Vater fand das ganz in Ordnung und gab mir die Tüte. Wir begaben uns auf den Weg in den Kindergarten. Vor der Eingangstür verabschiedeten wir uns von unserem Vater. Er erinnerte mich nochmals daran, ich solle meiner Schwester in der Pause ihre Brötchen herunterbringen. Denn meine Schwester war in der Löwengruppe, ich in der Adlergruppe. ,,Ist gut, werde ich machen", versprach ich meinem Vater, jedoch mit einem bedrückenden Gefühl, denn ich war mir nicht sicher, ob ich meiner Erzieherin die Situation erklären könnte. [...]
Mir war bewusst, dass ich keinen großen Wortschatz hatte, um meiner Erzieherin die Situation zu erklären und deshalb wollte ich mich einfach unbemerkt runterschleichen. ,,Handân, wo willst du hin?", hörte ich sie plötzlich rufen. Ich drehte mich um, sagte nichts. Was sollte ich auch sagen? Ich konnte doch nicht so gut deutsch sprechen! ,,Ehmm… hmmhm...", murmelte ich verlegen. Ich bemerkte wie groß ihre Augen plötzlich wurden. Streng sah sie aus. Und von einem beruhigenden, freundlichen Lächeln war auch kaum die Spur. Sie sagte noch vieles, wobei ich das meiste nicht verstehen konnte. ,,Ja... hmmhmm... entschuldigen Sie...", sagte ich immer wieder verlegen und spürte wie sich die Tränen in meinen Augen füllten. Eine Träne begann zu tropfen, gefolgt von der nächsten. Nun stand ich da und weinte. Als wenn ich meine Zunge verschluckt hätte, stand ich da ohne etwas sagen zu können.
,,Verstehst du mich?", hörte ich sie fragen. - Ja, ich versuche dich zu verstehen, aber bitte versuche du doch auch mich zu verstehen! - Wie gern hätte ich mir gewünscht, diese Worte über die Lippen zu bringen. Ich schaffte es nicht. Weinte nur. In diesem Moment lief uns Aylin über den Weg. Sie konnte sehr gut deutsch sprechen, denn ihre Tante war eine Deutsche und nahm Aylin öfter zu sich nach Hause. Meine Erzieherin bat Aylin mit mir zu reden. [...] Ich erklärte ihr die Situation. Auf Türkisch. Sie übersetzte alles. Meine Erzieherin machte eine Handbewegung, die mir das Signal gab, ich dürfe runtergehen. Ich rannte die Treppen runter. Vor der Tür wischte ich mir noch schnell die Tränen ab, damit Ebru auch nicht merkte, dass ich geweint hatte. Sie sollte nicht traurig werden. Ich ging hinein und direkt vor mir sah ich sie sitzen. Sie war ein schüchternes Mädchen. Alle waren schon beim Essen nur sie nicht. Ich reichte ihr ihre Brötchen herüber. Mit einem etwas verlegenem Lächeln sagte ich „Bis dann." Und drehte mich um, während sie „Danke!" sagte.
10 Jahre später....Die Entlassungsfeier...
[...] Mit selbstbewussten Schritten begab ich mich auf die Bühne. Genau wie meine Mutter behauptet hatte, ohne Aufregung, sondern stark und selbstbewusst. Alle Blicke waren auf mich gerichtet. (Anscheinend waren einige wenige auch überrascht darüber, dass ich, eine Schwarzhaarige, etwas Dunkelhäutige nun eine Rede halten sollte). Nun stand ich da. Ein tiefer Atemzug. Ein Gedanke. Ein Weg. Ich.
,, .... Danke für Ihre Aufmerksamkeit!" Mit diesen Worten beendete ich meine Rede. Jubel. Applaus. Verwirrte Gesichter. Bezaubert. Verwundert. Unerwartet. Nachdenklich. Glücklich. Stolz. Mit meinen Augen überflog ich das Publikum, das mich begeistert und applaudierend anguckte. Einige applaudierten im Stehen. Ich sah, wie mein Schuldirektor mit schnellen Schritten auf mich zu kam. Sein stolzes Lächeln in seinem Gesicht bezauberte mich. Er reichte mir seine Hand.
In meinen Gedanken verschwammen in diesem Augenblick vier Brötchen, meine Zwillingsschwester, meine Erzieherin, die Tränen, die ich vergoss und der Satz: "Du, ich, ich möchte erst einmal ganz gut deutsch sprechen können. Wenn die Schule beginnt, ja dann möchte ich eine sehr fleißige Schülerin werden. Sodass meine Eltern so richtig stolz auf mich sind. Und ganz später möchte ich Lehrerin werden. Meine Mutter sagte nämlich, dass sie sich wünschte auch Lehrerin zu werden."
Eine emotionale Welle fiel über mich, doch ich versuchte keine Tränen zu vergießen. Dies hatte ich bis zu diesem
Augenblick schon genug getan.
Meine Augen suchten meine Mutter. Da saß sie. Sie war in Tränen ausgebrochen. Vom Weitem merkte ich: sie war stolz auf mich. Und ich auf sie. Sie war das beste Buch welches ich je gelesen habe.
Diese Gedanken wurde ich in diesem Moment nicht los. Leise flüsterte ich vor mich hin: „Endlich habe ich eins meiner vielen Ziele erreicht. Endlich kann ich jedem beweisen, dass die Integration bei mir gelungen ist. Endlich gelingt Integration. Unendlich soll sie beibehalten werden. Nur wenn man versucht, von Menschen aus anderen Kulturen zu lernen, ihre Kulturen zu verstehen, diese zu akzeptieren und sie am politischen, gesellschaftlichen und sozialen Leben teilhaben zu lassen, wird die Integration kein Problem mehr, sondern eine Bereicherung. Einen unendliche Bereicherung."
Dieser Tag ist für mich unendlich viel wert. Ein Ziel habe ich endlich erreicht. Ein Ziel von vielen. Viele Glauben, mit diesem Schaffen sei ich schon am Ende, dies ist aber erst der Anfang. Meine Ziele sind unendlich. (Textpassagen gekürzt)
Handân Eroglu
14.Literaturwettbewerb 2009
Schülerinnen und Schüler schreiben zum Thema Endlich
Sieger Klasse 11 - 13
2. Platz Handân Eroglu
Freiheit
Gefangen im Körper eines Fremden.
Ungewöhnlich, fremdartig, anders.
Ich sehe nichts in diesem dunklen Raum.
Kälte, tiefe, dunkle Kälte durchdringt meinen Körper.
Weiß nicht wohin.
Eingeschlossen, gefangen, hilflos.
Doch plötzlich bist du da!
Warm, hell, so hell wie die Sonne.
Was ist das? Dieses Gefühl?
Lockt mich aus der Gefangenschaft.
Zieht mich ins Licht.
Zeigt mir wie schön dieser Körper doch ist.
Ich nehme ihn an und schenke Dir als Dank mein Leben.
Endlich hast du mich befreit.
Endlich Endlich Endlich!
Nina Coumans
14.Literaturwettbewerb 2009
Schülerinnen und Schüler schreiben zum Thema Endlich